Maria und Mikołaj wurden meine Eltern. Ich war blond und hatte blaue Augen, sodass ich, ohne Verdacht zu erwecken, als ihre Tochter gelten konnte.
Zur Familie Titarenko war ich Ostern 1943 gekommen. Meine Haare, meine Kleider, mein ganzer Körper – alles wimmelte von Läusen. Ich schämte mich entsetzlich deswegen. Überall, wo mich das Ungeziefer gebissen hatte, eiterten Geschwüre. Nachdem ich entlaust und gebadet worden war, setzte man mich an den Tisch, auf dem die österlichen Festtagsgerichte standen. Ich war so ausgehungert, dass man mich an den Armen festhalten musste, damit ich mich nicht aufs Essen warf.
Ich wurde in der Kirche in Równe [heute ukrainisch: Riwne] getauft und bekam einen neuen Vornamen, einen Familiennamen und ein Geburtsdatum. Nach dem Krieg optierten meine Eltern für Polen und zogen dorthin. Was ich in meiner frühen Kindheit durchgemacht hatte, führte u.a. dazu, dass ich lange Zeit Bettnässerin war. Meine Mutter regte sich deswegen so sehr auf, dass sie ihren Zorn nicht beherrschen konnte und mich schlug. Vermutlich war sie sich dessen bewusst, dass ihre Erziehungsmethoden nicht angemessen waren, aber sie konnte das nicht ändern. Je weniger Liebe sie mir entgegenbrachte, desto mehr verschloss ich mich vor ihr. Ich war auch nicht ohne Schuld. Ich denke, dass man sein leibliches Kind doch ganz anders behandelt als ein Adoptivkind.
Meine Mutter brachte mir bei, dass man seine Pflichten ohne Rücksicht auf die Umstände zu erfüllen hatte. Als ich heiratete und nach Toruń [Thorn] zog, nahm ich sie mit und pflegte sie bis zu ihrem Tode. Ich beglich die Schuld, die ich ihr gegenüber hatte.
Das Verhältnis meiner Mutter zu mir warf einen Schatten auf mein ganzes Leben. Ich bin sehr reserviert und nicht in der Lage, meinen Nächsten meine Gefühle zu zeigen. So wurde ich erzogen, und das ist mir auch geblieben.